Die Corona-Krise hat die Schulbildung stark eingeschränkt. Ärmere Kinder bekommen die Folgen mehr zu spüren als reichere, Mädchen sind häufiger betroffen als Jungen. Die bisher größte Umfrage dieser Art von Save the Children zeigt, wie Kinder unter der Krise zu leiden haben. Die Organisation ruft dazu auf, eine heranwachsende Generation zu schützen und Länder dabei zu unterstützen. Die Grünen wollen Kinderrechte weltweit stärken und fordern die Einhaltung der UN-Kinderkonvention.
Laut dem Bericht „Protect a Generation“ hat die Krise vorhandene soziale und geschlechtsbezogene Ungleichheiten verschärft. Von den befragten Kindern waren zwei Drittel während der Kontaktsperren nicht in Kontakt zu ihren Lehrer*innen, 80 Prozent gaben an, sie hätten zur Zeit der geschlossenen Schulen kaum etwas oder sogar nichts gelernt. Knapp zwei Drittel der Mädchen (63 Prozent) mussten mehr als sonst im Haushalt helfen, über die Hälfte (52 Prozent) sich öfter um Geschwister kümmern. Für Jungen hingegen galt das nur zu 43 bzw. 42 Prozent.
Andererseits hat sich im selben Zeitraum die häusliche Gewalt verdoppelt. Als die Schulen geschlossen waren, meldeten nach Aussagen von Save the Children 17 Prozent der Kinder Fälle von Gewalt, vorher waren es 8 Prozent. Fast ein Fünftel der betroffenen Haushalte hatte durch die Krise mehr als die Hälfte ihrer regulären Einkünfte verloren. Ärmere Familien hatten mit 82 Prozent in der Krise deutlich häufiger Einnahmeausfälle zu verzeichnen als reichere Haushalte (70 Prozent). Für ihre Studie befragte die Kinderrechtsorganisation eine repräsentative Stichprobe von über 8.060 Kindern und mehr als 17.500 Eltern oder Betreuerpersonen aus 37 Ländern.
Kinderorganisation: Länder sollen Lernen für alle ermöglichen
„Wir müssen dafür sorgen, dass nicht die Kinder den höchsten Preis für die Pandemie bezahlen“, hob die Vorstandsvorsitzende von Save the Children Deutschland Susanna Krüger anlässlich der Veröffentlichung des Berichtes am 10. September hervor. Die Kinderrechtsorganisation fordert u.a. von den Regierungen, qualitätvollen Fernunterricht für alle Schüler*innen bereitzustellen und nach der Rückkehr zum Schulbetrieb ebenso allen das Lernen zu ermöglichen. Um die Zukunft einer ganzen Generation zu schützen, sollten Hilfen für einkommensschwache Länder es diesen ermöglichen, mehr in die Kinder zu investieren.
„Die Bedürfnisse der Kinder müssen im Mittelpunkt aller Bemühungen stehen“, erklärte Krüger. Nach Angaben der Studie hatte nicht einmal 1 Prozent der benachteiligten Kinder die Möglichkeit, das Internet für den Fernunterricht zu nutzen, gegenüber 19 Prozent der wohlhabenderen Kinder. Von den ärmeren Familien hatten 37 Prozent Schwierigkeiten, die Lernmaterialien zu bezahlen, gegenüber 26 Prozent der reicheren Familien. Kinder ohne Zugang zur Bildung laufen dem Bericht zufolge Gefahr, nicht wieder an die Schulen zurückzukehren und Opfer von Kinderheiraten, Kinderarbeit o.ä. zu werden. Save the Children schätzt, dass knapp 10 Millionen Kinder weltweit nach Wiederöffnen der Bildungseinrichtungen nicht wieder am Schulunterricht teilnehmen könnten.
Die Grünen fordern: Rechte aus Kinderkonvention anerkennen
Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen Katja Dörner mahnte, Kinder dürften nicht als Geschädigte aus der Krise hervorgehen. Die in der UN-Kinderkonvention festgeschriebenen Rechte – auf Bildung, Gesundheit, persönliche Entwicklung zu gewährleisten, sei als „zentrale ( ) politische ( ) Herausforderung“ anzuerkennen. Dörner forderte,, die Bundesrepublik müsse sich zusammen mit der Staatengemeinschaft für den Kampf gegen die schwerwiegendsten Einschränkungen der Rechte von Kindern einsetzen. Die Umfrage ergab u.a., dass über 80 Prozent der Kinder über eine Zunahme schlechter Gefühle berichteten. Knapp zwei Drittel der Familien hatten während der Krise Probleme, für sich nahrhaftes Essen zu beschaffen.
Schulen seien nach Auffassung der Grünen-Sprecherin auch Orte der Sicherheit und des Schutzes, daher verlangte sie von den Staaten, auf die Wiedereröffnung der Einrichtungen hinzuwirken. Dörner kritisierte die seit der Finanzkrise 2008/09 sinkenden Bildungsausgaben wie auch zurückgehende Investitionen des bundesdeutschen Entwicklungsministeriums und die trotz der geplanten Erhöhungen aus ihrer Sicht nicht angemessene Beteiligung der Bundesrepublik an den „multilateralen Bildungsfonds“ Gerade jetzt seien zusätzliche Mittel erforderlich, um die Bildungskrise einzudämmen, so Dörner.
Qelle: zwd., 11. September 2020 // Ulrike Günther: http://www.zwd.info/schule-in-der-krise-arme-kinder-und-maedchen-sind-am-meisten-betroffen-1.html