Gewalt gegen Frauen prägt den Alltag vieler Frauen. Jede dritte Frau in Deutschland war bereits Opfer von häuslicher und/oder sexualisierter Gewalt.

Vor diesem Hintergrund kritisiert das Landesweite Netzwerk für ein Leben ohne Gewalt die Aussagen des Richters Winfried Leopolds im Urteil gegen Ex-Profiboxer Tom Schwarz, als unsensibel und taktlos gegenüber der Betroffenen.

Tom Schwarz war beim Prozess am Amtsgericht Burg vorgeworfen worden, seine Ex-Freundin bei einem Streit geschlagen, zu Boden gestoßen und so schwer verletzt zu haben, dass ihr Unterkiefer brach. Richter Leopold stellte das Verfahren gegen Auflage zur Zahlung einer Geldstrafe ein.

Nach Angaben der Deutschen Presse-Agentur sagte er bei der Begründung unter anderem: „Der Schlag hätte anders ausgeführt werden können und müssen und als Profiboxer muss man in der Lage sein, das dosieren zu können.“ Auch die Ex-Freundin habe sich nicht mit Ruhm bekleckert. Sie habe nicht plausibel machen können, warum sie dem Angeklagten beim Streit bis zu dessen Auto gefolgt sei. Fazit des Richters laut dpa: „Es lag ein Fehlverhalten auf beiden Seiten vor.“

Diese „Täter-Opfer-Umkehr“ ist das grausamste, was Opfern in solchen Fällen angetan wird. Dem Opfer wird eine Mitschuld an der Gewalt gegeben.

Das Einstellungsurteil verhindert zu dem, dass das Opfer Frau T. in Berufung gehen kann. Es steht dem Opfer nur noch der Zivilklageweg offen. Diese juristische Praxis in Verfahren bei Fällen von Körperverletzungen, häuslicher und/oder sexualisierter Gewalt steht seit Jahren in der Kritik der Opferschutzverbände.

„Fehlende Urteile, Einstellungen von Verfahren, abgewiesene Verfahren sind immer ein schwerer Schlag gegen die Opfer und haben eine fatale Außenwirkung.“, so Steffi Schikor, Vorstand des Landesfrauenrates Sachsen-Anhalt e.V. und Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten.

Gewalt gegen Mädchen und Frauen wird zu oft bagatellisiert oder/ und ignoriert. Die Folgen sind, dass Betroffene aus Angst und Scham nicht über das Erlebte sprechen. Wir erwarten von einer unabhängigen Justiz einen sensiblen Umgang mit der Thematik! Vor allem mit Blick auf den kommenden 25. November, dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, ruft das Netzwerk gegen Gewalt dazu auf, ein deutliches Zeichen gegen jede Form von Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu setzen.

Das Landesweite Netzwerk für ein Leben ohne Gewalt ist ein Zusammenschluss von Vertreterinnen und Vertretern der Opferunterstützungssysteme in Sachsen-Anhalt.

Pressemitteilung als pdf: PM_Urteil_Tom_Schwarz_12_11_2021.pdf