Der Landesfrauenrat Sachsen-Anhalt e.V. bedankt sich für die Möglichkeit einer Stellungnahme zum elften Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des
Landes Sachsen-Anhalt. Als größter Dachverband für frauenpolitische Initiativen und Verbände, die vor allem im Gewalthilfenetzwerk verankert sind, begrüßen wir die Änderung des SOG LSA mit Verbesserungen zum Schutz von Opfern und potentiellen Opfern häuslicher Gewalt, ausdrücklich.
Die eingegangenen Stellungnahmen der Mitgliedsverbände bilden die Grundlage für die nachfolgende Stellungnahme.
Wir begrüßen insbesondere die verbindlichen Aussagen zum Operativen Opferschutz in §§ 48 a ff. Es könnte hilfreich sein, die Begrifflichkeit des Operativen Opferschutz in den § 48a ff. deutlich zu benennen, um eine Abgrenzung der Befugnisse zum Opferschutz in Polizeiinspektionen/-revieren zu betonen.
Insbesondere wird mit der Einrichtung umfassender Daten- und Übermittlungssperren und mit der Ausweitung der Personengruppe in § § 48 a (1) 2. die Möglichkeit der Ausstattung einer vorübergehenden Tarnidentität, der Schutz von Opfern häuslicher Gewalt deutlich erhöht und die Erarbeitung von individuellen Sicherheitsplänen unterstützt. Die Ausweitung auf Angehörige oder Betroffenen sonst nahestehende Personen ist ausdrücklich zu begrüßen, partizipieren sie dann ebenfalls von den Schutzmaßnahmen. Für den Schutz von Betroffenen ohne deutsche Staatsangehörigkeit ist sicherzustellen, dass unabhängig davon der Schutz und die Sicherheit durch die Schaffung von Tarnidentität in gleichem Maße erfolgt. Das Recht auf Schutz und Sicherheit darf nicht von der Staatsangehörigkeit abhängig sein.
Bezüglich der konkreten Umsetzung ist zu beachten, dass es durch eine vorübergehende Tarnidentität zu keinen familienrechtlichen Sanktionen für die von Gewalt betroffenen Frauen bei der Sorge-und Umgangsproblematik kommen darf, wenn der Täter der Kindesvater ist (z.B. beim Vorwurf der Kindesentziehung oder Umgangsvereitelung). Außerdem stellt sich die Frage, ob eine vorübergehende Tarnidentität gegebenenfalls die Asylverfahren der Betroffenen beeinflussen oder relevant für andere ausländerrechtlichen Belange, wie z.B. Wohnsitzauflagen, sind.
Die Regelungen zur behördlichen Zusammenarbeit und zur Zusammenarbeit mit Opferberatungsstellen, die Möglichkeit zur Verlängerung der Dauer polizeilicher Maßnahmen im Fall eines Antrags nach Gewaltschutzgesetz, schließen aus unserer Sicht ein bisher noch offenes Zeitfenster zwischen polizeilicher Wegweisung und Beschlussfassung bei Gericht und ermöglichen so einen lückenlosen Schutz. Zudem erhält die Informationsübermittlung durch das zuständige Gericht von Entscheidungen in Gewaltschutzsachen an die Polizei eine deutlich höhere Gewichtung.
Wir erlauben uns darauf hinzuweisen, dass aus Sicht der Frauenschutzhäuser auch die Einhaltung der Gerichtsbeschlüsse nach Gewaltschutzgesetz dringend einer polizeilichen Kontrolle bedürfen.
Zum Beispiel eine elektronische Überwachung von Gefährdern durch die Polizei nach spanischem Vorbild wäre im Interesse des Opferschutzes und würde die Sicherheit von Opfern häuslicher
Gewalt erhöhen.
Im Weitern möchten wir uns der Stellungnahme der Landesarbeitsgemeinschaft der Interventionsstellen in Sachsen-Anhalt anschließen und bitten um Berücksichtigung dieser.
Gemeinsame Stellungnahme des Landesfrauenrates Sachsen-Anhalt und
Der Landesarbeitsgemeinschaft der Frauenschutzhäuser
Der Landesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten
Vera – AWO Fachstelle gegen Frauenhandel und Zwangsverheiratung in Sachsen-Anhalt