Sachsen-Anhalt führt als erstes Bundesland im Hilfesystem für gewaltbetroffene Frauen flächendeckend Weiterbildungen gegen Cyberstalking durch. Standort, Messenger-Nachrichten, Fotos, Kalendereinträge – das sind nur einige private Informationen, die Gewalttäter mit technischen Mitteln auslesen können, um Betroffenen nachzustellen. Expertinnen suchen Schutzeinrichtungen in Sachsen-Anhalt auf und schulen Fachkräfte aus dem Hilfesystem zu den Themenbereichen digitale Überwachung und Ortung. Das Projekt wird vom Berliner Institut für Technik und Journalismus e.V. und in Zusammenarbeit mit dem Landesfrauenrat Sachsen-Anhalt e.V. durchgeführt.
Gleichstellungsministerin Petra Grimm-Benne erklärt dazu: „Digitale, körperliche und seelische Gewalt verschränken und verstärken sich häufig. Cyberstalking hinterlässt keine sichtbaren Spuren und führt dazu, dass sich Betroffene zurückziehen. Das macht es den Tätern noch leichter, Kontrolle über ihre Opfer zu gewinnen. Wenn gewaltbetroffene Frauen digital bloßgestellt und herabgewürdigt werden, braucht es gut geschulte Fachkräfte, die Auswege aufzeigen. Wir sind bundesweit Vorreiter bei der Einführung einer flächendeckenden Weiterbildungsoffensive gegen digitale Gewalt im Hilfesystem.“
Sarah Schulze, Landesbeauftragte für Frauen- und Gleichstellungspolitik, begrüßt die Projektinhalte: „Cyberstalking spielt in fast jedem Beratungsfall des Hilfesystems eine Rolle. Doch obwohl digitale Gewalt heute omnipräsent ist, sind viele Phänomene im Netz weiterhin nahezu unbekannt. Hier setzt das Modellprojekt an, indem dringend notwendiges technisches Know-How bereitgestellt wird.“ Sie wies zudem darauf hin, dass für ein gerechtes und guten gesellschaftliches Miteinander das Netz sicher für alle und frei von Gewalt sein müsse.
Cybermobbing, Cyberstalking oder sogenanntes Doxing sind neue Methoden, die Betroffene massiv einschüchtern und bedrohen. Mitarbeiterinnen von Frauenhäusern, Interventions- und Beratungsstellen müssen auf diese Gefahren reagieren können. Aufgrund der großen Nachfrage im Hilfesystem gründete sich 2022 in Berlin „Ein Team gegen digitale Gewalt“. Das Projekt bietet Gewaltschutzeinrichtungen seit November 2023 spezialisierte Weiterbildung zum Thema digitale Ortung und Überwachung, um unerwünschte Zugriffe auf Geräte und Accounts zu unterbinden.
„Mit der Einrichtung und personellen Ausstattung des neuen Schwerpunkts „Hasskriminalität und Digitale Gewalt“ seit Mitte 2022 konnte der Landesfrauenrat die Aufklärung und Sensibilisierung zum Thema Cybergewalt gegen Frauen und Mädchen verstärken“, so Michelle Angeli, Vorsitzende des Landesfrauenrates. Für diese Aufgabe fördert das Gleichstellungsministerium seit 2022 eine zusätzliche Personalstelle beim Landesfrauenrat und hat dafür mehr Mittel zur Verfügung gestellt.
„Wir freuen uns sehr, dass die Fachkräfte sich die Zeit freischaufeln, um sich diesem wichtigen Thema zu widmen“, sagt Projektgründerin Inga Pöting. „Eigentlich bräuchte jede Einrichtung zusätzliches, ausgebildetes Fachpersonal für die technische Sicherheit. Ich hoffe, dass unsere Arbeit ein Bewusstsein dafür schafft, um die Kompetenzen und Ressourcen in den Schutzorten zu stärken.“
Die Pressemitteilung als pdf: PM_Digitale_Gewalt_24.01.2024.pdf